Muskelkraft ist alles. Die Muskeln im Körper unterstützen das Skelett des Pferdes. Je besser die Muskeln entwickelt sind, desto besser werden die Wirbelsäule und die Gelenke richtig unterstützt. Eine gut entwickelte Rückenmuskulatur ist für die langfristige Gesundheit und Leistung des Sport pferdes unerlässlich. Die Oberlinie eines Pferdes wird von der Muskulatur am Widerrist, Rücken, der Lende und Kruppe gebildet. Obwohl die gesamte Bemuskelung von Pferd zu Pferd unterschiedlich sein kann, kann jedes gesunde Pferd eine starke Oberlinie entwickeln. Die wichtigsten Elemente hierfür sind eine ausgewogene Fütterung in Kombination mit einem guten Training. In diesem Artikel erklärt uns Dr. Caroline Loos die Geheimnisse des Aufbaus einer starken Oberlinie.
Um die Muskeln, die die Oberlinie bilden, aufzubauen, müssen wir das Pferd mit den notwendigen Bausteinen und ausreichend Energie versorgen. Diese beiden Elemente kommen aus Futterprotein und Kalorien.
Protein für die allgemeine Gesundheit
Neben Wasser sind Protein die am häufigsten vorkommende Substanz im Körper. Sie sind Teil von fast jedem Gewebe einschließlich Muskeln, Organen, Gehirn, Blut, Immunzellen, Haut etc. Daher muss man der Qualität und der Menge an Protein in der Pferdefütterung seine volle Aufmerksamkeit widmen, nicht nur, da es für den Aufbau der Oberlinie ist, sondern auch für den allgemeinen Gesundheitszustand wichtig ist. Protein aus dem Futter wird im Verdauungstrakt in Aminosäuren gespalten, die dann vom Körper verwendet werden können, um neues Protein herzustellen. Es ist wichtig zu wissen, dass nicht alle Proteine gleich sind. Nur hochwertiges Protein kann alle essentiellen Aminosäuren in richtiger Menge und im richtigen Verhältnis für den Aufbau von Muskelprotein liefern.
Hochwertige Proteinquellen zur Fütterung des Pferdes sind z.B. Sojamehl oder Bestandteile wie Kartoffelprotein, Erbsen, Bohnen und Lupinen. Trotz jüngster kontroverser Diskussionen bezüglich der Verwendung von Soja in Pferdefutter gibt es derzeit keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über negative Auswirkungen auf die Gesundheit von Pferden. Wenn sie sorgfältig eingekauft und verarbeitet sind (verwenden Sie beispielsweise immer eine nahmhafte Futtermittelmarke) und in richtigen Mengen gefüttert werden, sind Sojabohnen aufgrund ihrer guten Verdaulichkeit und ihres günstigen Aminosäureprofils eine sehr gute Proteinquelle, um Pferde selbst auf höchstem sportlichen Niveau zu unterstützen.
Denken Sie daran, wenn Sie Protein zufüttern ist die Qualität immer wichtiger als die Menge. Je höher die Qualität des Proteins, desto weniger wird benötigt, um den Bedarf zu decken. Überschüssige Aminosäuren können vom Körper nicht gespeichert werden, sie werden einfach ausgeschieden. Die Überfütterung mit Protein hat deshalb nicht nur wenig Sinn, sie kann sich tatsächlich in bestimmten Situationen nachteilig auf die Gesundheit auswirken ( z.B. in Form von Leberproblemen, einem erhöhten Insulinspiegel, übermäßigem Schwitzen, angelaufenen Beinen, Hautproblemen etc.). Selbst das Wachstum und der richtige Muskelaufbau können eingeschränkt sein.
Energiebedarf
Entgegen dem Glauben vieler Menschen ist für den Muskelaufbau mehr als nur die Verabreichung von ausreichend hochwertigem Protein nötig. Tatsächlich ist der erste einschränkende Faktor im Futter eines Pferdes immer die Energie, da sie für jeden Stoffwechselprozess im Körper benötigt wird. Insbesondere Muskelaufbau und -erhaltung sind energieaufwendig. Wenn der Körper spürt, dass nicht genug ‚Kraftstoff‘ vorhanden ist, wird er die Aktivierung von Muskelaufbauprozessen verhindern.
Außerdem kann längerer Energiemangel im Futter zu Muskelabbau führen. Es ist daher nicht von Bedeutung, wie viel Protein Sie füttern, wenn zu wenig Energie vorhanden ist, kann das Pferd keine Muskulatur aufbauen. Stellen Sie immer sicher,, dass das Futter den täglichen Energiebedarf des Pferdes deckt. Kalorienreiche Inhaltsstoffe im Pferdefutter sind hauptsächlich Getreide (Stärke und Zucker), Öle (Fett) und in geringerem Maße hochverdauliche Faserquellen. Zu guter Letzt spielen verschiedene Vitamine und Mineralien beim Aufbau von Muskulatur im Körper eine Rolle.. Nur eine ausgewogene Fütterung, die ausreichend Energie, Proteine und die notwendigen Mikronährstoffe liefert (Vitamine, Mineralien und Spurenelemente), bietet alle wichtigen Fütterungselemente , um eine starke, gesunde Oberlinie aufzubauen.
Prinzipien des Muskelaufbaus
Es gibt immer noch das weit verbreitete Missverständnis, dass eine bestimmte Fütterung oder Futterergänzungsmittel Ihr Pferd in einen Bodybuilder verwandeln. Das stimmt leider nicht. Richtige Fütterung ist wichtig, aber starke Muskeln lassen sich nur durch die Anregung mit angemessenem Training erreichen..
Intensives Training führt zu einer Belastung des Stoffwechsels und zu Mikroschädigungen der Muskulatur. Die Reaktion des Körpers darauf ist, dass er das Herzkreislauf-, das Nerven- und Muskelsystem dazu anregtsich zu stärken, sodass das Pferd leichter mit den Belastungen der nächsten Trainingseinheit umgehen kann. Diese Anpassungsreaktion auf das Training ist der Grund dafür, dass im Laufe der Zeit Fitness und Muskelkraft verbessert werden. Allerdings treten langfristige Verbesserungen nur auf, wenn der Körper wiederholt durch zunehmende Trainingsintensität herausgefordert wird. Dieses Konzept wird als ‚progressive Belastung‘ bezeichnet. Bei unseren Pferden bedeutet das, dass der Muskelaufbau nur durch allmähliche Erhöhung der Trainingsintensität tatsächlich sichtbar werden kann. Wenn die Trainingsintensität zu gering bleibt, gibt es nicht ausreichend physische Anreiz, um den Körper dazu zu bewegen, mehr Muskelmasse aufzubauen.
Das ideale Trainingsprogramm
Um wirkungsvoll die Oberlinie aufzubauen, sollte das Trainingsprogramm sowohl hinsichtlich der Intensität als auch der Art der Trainingseinheit pro Woche oder Monat ausgeglichen sein. Es ist wichtig, ausreichend Zeit zwischen intensiveren Trainingseinheiten verstreichen zu lassen, damit sich die Muskelfasern richtig regeniereren und stärken können. Wird das Pferd trainiert, bevor der Muskel sich vollkommen regeneriert hat, wird er ab- statt aufgebaut. Um einen Rückschlag in der Muskelentwicklung zu vermeiden, legen Sie zwischen intensiven Trainingseinheiten ein oder zwei Tage mit leichtem Training ein.
Die besten Ergebnisse erzielen Sie durch allmähliche schrittweise Steigerung der Trainingsintensität, so setzen Sie die ‚progressive Belastung‘ am besten um. Es ist auch wichtig, den richtigen Muskeltyp zu trainieren. Obwohl die Oberlinie mit den Muskeln entlang der Wirbelsäule des Pferdes verbunden ist, ist es tatsächlich die Rumpfmuskulatur, die entwickelt werden muss, um den Rücken zu unterstützen. Die Verbesserung der allgemeinen Beweglichkeit, die Steigerung der Kraft und die Stärkung der Rumpfmuskulatur sind der Schlüssel zur Entwicklung einer gesunden Oberlinie. Unabhängig von Ihrer Reitweise ist eine häufige Veränderung der Trainingsroutine eine gute Möglichkeit, die Anpassungsreaktion immer wieder neu auszulösen.
Dabei sollte ständig die Entwicklung verschiedener Muskelgruppen angeregt werden. Abwechslung im Training sorgt außerdem für gesunde mentale Anregung, macht Ihr Pferd glücklicher und konzentrierter. Arbeiten Sie zusammen mit Ihrem Trainer ein Trainingsprogramm aus, das sowohl zu Ihnen als auch zu Ihrem Pferd passt. Eine starke Oberlinie kann nur durch richtige Fütterung und Bewegung erreicht werden. Hochwertige Proteine und ausreichende Kalorien liefern die Bausteine und den ‚Kraftstoff‘ für die Herstellung von Muskelprotein. Außerdem benötigen Sie ein passendes Trainingsprogramm, um den Aufbau und den Erhalt der Rückenmuskulatur Oberlinie zu stimulieren. Wenn Ihr Pferd trotz passender Fütterung und mit angemessenem Training keine kräftige Oberlinie aufbaut, wenden Sie sich an einen Tierarzt. Ein schlecht sitzender Sattel, leichte Lahmheiten, Schmerzen, Krankheit, Virusinfektionen, Magen-Darm-Probleme oder manchmal auch zugrunde liegende Stoffwechselstörungen können dem Muskelaufbau entgegenwirken.